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Federmesserverriegelung (Pen Blade Release)

Federmesserverriegelung (Pen Blade Release)

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Pen Blade Release_08a_Federdrückermesser

Ende des 18. Jahrhunderts wurde in Deutschland eine größere Auswahl von Mehrzwecktaschenmessern für Jäger und Angler hergestellt. Springmesser waren damals sehr beliebt und bei den Mehrzwecktaschenmessern sprang fast immer die Hauptklinge mit Federdruck auf, ansonsten waren sie üblicherweise mit weiteren kleineren Klingen, einer Säge, einem Korkenzieher und anderem Zubehör ausgestattet. Verriegelt und gesichert wurden diese Messer mit einer sogenannten Federmesserverriegelung.

Oft wird eine kleine Klinge zum Öffnen verwendet, die Richtung Griffinneres gedrückt wird, um die Klinge aufspringen zu lassen. Nochmaliges Drücken der kleinen geschlossenen Klinge erlaubt das Schließen der Hauptklinge. Die damals zum Anspitzen von Federkielen verwendete kleine Klinge war auch der Namensgeber der Verriegelung. Bei anderen Messern wird für die Entriegelung die Säge oder der Kapselheber verwendet.

Constantin Gerlach, Trachenberg (Żmigród), Schlesien ließ sich dein derartiges Messer in Deutschland mit dem Patent 54286 im Jahr 1890 und später in den Vereinigten Staaten von Amerika im Jahr 1891 unter der Nummer US 456,811 patentieren. Die Herstellung übernahm zuerst W. Böhm, Breslau, Polen.

Bei seinem Patent drückt bei geschlossener Klinge eine Öffnungsfeder auf die Klingenwurzel. Zum Öffnen wird zuerst der Sicherungsschieber Richtung Griffende zurückgezogen. Der Kapselheber, der auf einer Nase der Bauchfeder aufliegt, kann jetzt mit dem Daumen nach oben gedrückt werden. Die Verriegelungsfeder wird dadurch ebenfalls nach oben gedrückt und der Haken am vorderen Ende der Feder hebt sich aus der Ausfräsung der Klingenwurzel. Die Öffnungsfeder kann jetzt ihre Spannung freigeben und lässt die Klinge aufspringen. Bei vollständig geöffneter Klinge greift der Haken der Verriegelungsfeder in eine Ausfräsung auf der anderen Seite der Klingenwurzel und verriegelt sie. Der Sicherungsscheiber wird jetzt wieder in die Ausgangsposition gedrückt, schiebt sich in eine Ausklinkung des Kapselhebers und verhindert ein Drücken des Kapselhebers und damit ein ungewolltes Schließen der Klinge.

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Patentzeichnungen aus US 456,811

Die Hauptunterschiede zwischen den Patenten waren die äußere Gestaltung und die Lage der Verriegelung. Beim Patent aus 1890 liegt die Entriegelungstaste im oberen Teil des Griffes, während sie in der 1891er Beschreibung unterhalb der Griffschale liegt. Alle bekannten, Messer entsprechen dem amerikanischen Patent, was darauf schließen lässt, dass die deutsche Ausführung nie gebaut wurde.

Die heute erhaltenen Messer unterscheiden sich in Kleinigkeiten, wie den Stempeln “D. R. Patent 54286“ auf der vorderen Griffbacke, dem Stempel “Klophaus Ohligs,” auf der Klingenwurzel oder auch dem Stempel „Waidmannsheil“ auf der Klinge. Der Name „Weidmannsheil“ war ein geschützter Handelsname des Solinger Messerherstellers Wilhelm Weltersbach. Bei “Klophaus Ohligs” könnte es sich um die Firma „Stahlwaren Klophaus“, Amsterdam handeln. Edmund Klophaus und seine Frau Alma Volmer stammen beide aus dem Solinger Stadtteil Ohligs.

 

Auch die Firma J. E. Dittert,, Neustadt/Sachsen, Deutschland hatte ein Springmesser im Programm, mit einem auf den ersten Blick identischen Entriegelungsmechanismus.

Eine weitere Ausführung der Verriegelung und die der einfachen Zerlegbarkeit beschreibt Oswald von Frankenberg und Ludwigsdorf, Solingen, Deutschland in seinem U. S. Patent Nr. 3,061,927:

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Patentzeichnung

Auch der deutsche Messerhersteller Hubertus Schneidwarenfabrik, Solingen stellte Springmesser in verschiedenen Abwandelungen her. Bei den meisten Modellen wurde durch das Eindrücken eines Nebenwerkzeuges oder -klinge eine Querbolzen herausgezogen, damit sich die Klinge öffnet:

Übersichtszeichnung

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Die etwas über die Jahrtausendwende hinaus produzierten Modelle waren Springmesser, bei denen sowohl die Hauptklinge, als auch dass die kleine Klinge mit einer Rutschgelenksicherung gesichert wurden. Wie bei einem Springmesser üblich, steht bei geschlossener Klinge die Hauptklinge unter dem Druck einer kräftigen Stabfeder, die unter der Rutschgelenksicherung angeordnet ist. Verriegelt wird die geschlossene Klinge mit einer Blattfeder, die unter der Rutschgelenksicherung der Federklinge liegt. Diese liegt der Länge nach an der mittleren Seitenplatine an und endet am Vorderende mit einem Stift, der durch die Mittelplatine hindurchreicht und in einer Bohrung in der Klingenwurzel der Hauptklinge endet und diese so am Aufschnappen hindert. Drückt man jetzt das geschlossene Federmesser noch weiter in den Griff hinein, drückt man damit auch einen abgeschrägten Zapfen, der hinter der Klingenwurzel sitzt, hinein. Dieser Zapfen schiebt sich zwischen die Mittelplatine und die Blattfeder und zieht sie so zusammen mit dem Verriegelungsstift Richtung Griffschale und aus der Klingenbohrung hinaus. Die Klinge kann sich jetzt frei bewegen und schnellt in die offene Stellung. Lässt man das Federmesser jetzt los, biegt sich die Blattfeder wieder zur Mittelplatine, der Verriegelungsstift gleitet in eine zweite gegenüberliegende Bohrung in der Klingenwurzel und verriegelt sie in geöffnetem Zustand.

 

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Hubertus, Solingen, Federmesserverriegelung, Model # 69.117.HH.10

Da die Zahl der Abnehmer zu gering war, wurde die Herstellung irgendwann zwischen 2005 und 2010 eingestellt. Die letzten Modelle waren eine kleinere Ausführung mit der Herstellernummer 11.311.HH.01 und eine größere mit der Nummer 12.311.HH.01.  
 

Im Jahr 2015 gab es eine Neuauflage des Klassikers aus den 30er Jahren. Der Solinger Messerhersteller Friedrich Hartkopf brachte anlässlich seines 125jährigen Bestehens ein Federdrückermesser als Jubiläumsausgabe heraus.
Im Unterschied zu den früheren Modellen, muss man die Klinge von Hand öffnen und die Klinge wird jetzt mit einem üblichen Rückenhebel verriegelt. Anstelle des kleinen Federmessers tritt jetzt ein Kapselheber. Drückt man den in geschlossenen Zustand weiter Richtung Griffinneres hebt man über einen querliegenden Zapfen den Rückenhebel aus der Ausfräsung in der Klingenwurzel und kann die Klinge schließen. Die Anordnung der Bauteile ähnelt damit der Funktionsweise, das Oswald von Frankenberg und Ludwigsdorf in seinem Patent beschrieben hat.

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Jubiläumsmesser 125 Jahre Hartkopf, Federdrückermesser

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