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Traditionelle Rutschgelenksicherung (Slipjoint)

Traditionelle Rutschgelenksicherung (Slipjoint)
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Rutschgelenksicherung - Übersichtszeichnung

Bei der Rutschgelenksicherung handelt es sich um die herkömmliche Sicherung für Taschenmesser und wird bei so bekannten Marken wie dem Schweizer Taschenmesser verwendet. Abgeleitet von der dabei verwendeten Rückenfeder wird diese Art von Taschenmesser auch als „Federmesser“ bezeichnet. Es handelt sich dabei nicht um eine absolut sichere Verriegelung, sie ist jedoch für die meisten Arbeiten völlig ausreichend.

Prinzipiell arbeitet die Rutschgelenksicherung im geschlossen und geöffneten Zustand auf die gleiche Art und Weise. Üblicherweise drückt eine Blattfeder auf die Klingenwurzel, die sich oft zum Ende hin verbreitert. Wird nun die Klingen geöffnet muss die Blattfeder mit der Klingenwurzel angehoben werden und damit einen Gegendruck überwinden. Im geöffneten Zustand ist der Ablauf identisch, d. h. ein Schließen der Klinge ist nur gegen der Widerstand der Feder möglich. Durch eine exzentrische Formgebung der Klingenwurzel wird eine zusätzliche Wirkung erzielt: Bei der Drehung der Klinge wird die Feder nur bis zu einer Öffnung von 45 Grad angehoben, dann verringert sich der Kraftaufwand und bis zu einem Öffnungswinkel von etwa 135 Grad wird die Klinge nur gegen den Reibungswiderstand gedreht. Bei einer Fortführung der Drehung wird die Wirkung umgekehrt und das Öffnen unterstützt.

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Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde eine Vielzahl von Patenten ausgestellt, die auf dem Prinzip der Rutschgelenksicherung beruhen. Ein Beispiel ist das Patent von Henry Staude aus dem Jahr 1872 (U. S. Patent Nr. 138,052), das „…. die Auswechselbarkeit von gebrochenen oder nicht mehr verwendbaren Klingen….“ zum Ziel hatte.

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Zeichnung aus dem U. S. Patent 138,082

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Ein anderes Beispiel ist das U. S. Patent Nr. 345,296 von August Friebertshauser aus dem Jahr  1886, der eine „kostengünstige und starke Rückenfeder für zwei Klingen“ patentierte.

Zeichnung aus dem U. S. Patent 345,296

Der vielleicht bekannteste Hersteller von Federmessern ist die Schweizer Firma Victorinox. Die Firma begann im Jahr 1891 ihr „Soldatenmesser“, die Urform des heutigen „Schweizer Messers“ an das Schweizer Heer auszuliefern. Das bekannte Wappen – ein Kreuz in einem Schild – wird seit 1909 verwendet, dem Jahr in dem die Mutter des Firmengründers Karl Elsener starb und die Firma zu ihren Ehren „Victoria“ genannt wurde. Im Jahr 1921, mit der Einführung von „inox“ (der französischen Bezeichnung für rostfreien Stahl = acier inoxydable) wurde der Firmen- und Markenname "Victorinox" ("Victoria"+"Inox") eingeführt.

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Victorinox Soldatenmesser, Jubiläumsnachbau

Messer mit Rutschgelenksicherungen haben auch in Frankreich eine lange Tradition. Das Zentrum der Messermachermacher ist die Stadt Thiers in Zentralfrankreich, etwa 100 km westlich von Lyon. Während andere Orte in Frankreich wie Laguiole durch ihre Messer bekannt wurden, gibt es erst seit 1994 ein „Le Thiers“ Messer mit garantierten Qualitätsstandards. Das abgebildete „Grand Cru“ wird in der kleinen Manufaktur von Philippe Chambriard hergestellt. Mit seiner verzierten Rückenfieder, die mit einem stilisierten „T“ endet, ist es ein typischer Vertreter mit Rutschgelenksicherung.

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Chambriard, Grand Cru

Die Rutschgelenksicherung hat sich seit mehr als einem Jahrhundert bewährt, ist zweckdienlich, zuverlässig und hält mit einer einfachen Konstruktion die Klinge offen und geschlossen.

Ein herkömmliches Federmesser hat einen Stahlrahmen mit einer durchgehenden Feder. Der amerikanische Messerbauer Ed Halligan reduzierte den Rahmen auf die absolut notwendigen Bestandteile und verwendet die Spannung des U-förmig geschwungen Rahmens um die Klinge zu sichern. Das obere Ende des Rahmens, das auf die Klingenwurzel drückt ist links und rechts mit zwei kleinen Metallplatten vernietet, wodurch die Klinge zusätzlich zentriert wird.

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CRKT, Slip K.I.S.S.

4-Stufen-Rutschgelenksicherung (4-Arrest -Slipjoint)

4-Stufen-Rutschgelenksicherung (4-Arrest -Slipjoint)

Der 2010 gegründete Messerhersteller Manly, ansässig in der bulgarischen Hauptstad Sofia hat eine Rutschgelenksicherung im Programm, die in 4 Stellungen die Klinge stoppt. Jedes Mal muss den Federdruck überwinden um die Klinge zum nächsten Stopp zu bewegen. Erreicht wird das durch eckige die Form der Klingenwurzel und eine zusätzliche Kerbe in der Feder. Der Aufwand um die Klinge zu öffnen oder zu schließen ist höher, aber entscheidend sicherer, als wenn man nur einmal gegen die Feder drücken muss. Eingesetzt wird die Sicherung beim Modell Comrade.

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Manly, Comrade

Integrierte Rutschgelenksicherung (Integral Frame Slipjoint)

Integrierte Rutschgelenksicherung (Integral Frame Slipjoint)

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Integrierte Rutschgelenksicherung - Übersichtszeichnung

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Bei der Integrierte Rutschgelenksicherung wird nicht wie üblich eine getrennte Rückenfeder verwendet, die das Öffnen und Schließen der Klinge erschwert. Vielmehr werden die Rückenteile des Messergriffes so ausgeschnitten, dass zwei Rahmenfedern entstehen, die am vorderen Ende mit einem Bolzen verbunden sind. Bei offener Klinge greift der Bolzen in eine Aussparung im oberen Teil der Klingenwurzel. Solange das durch einen festen Griff des Daumens und Zeigefingers unterstützt wird, kann die Klinge kaum geschlossen werden. Sobald man los lässt und gegen das vordere Ende der Klinge drückt, muss man zuerst den Widerstand der Rahmenfedern überwinden und kann dann die Klinge schließen. Am Ende des Schließvorganges wird die Bewegung durch den Druck der Feder wieder unterstützt. Geöffnet wird die Klinge, indem man mit dem Zeigefinger am unteren Zapfen der Klingenwurzel zieht und gleichzeitig mit Daumen und Zeigefinder der anderen Hand die Klinge am dreieckigen Ausschnitt öffnet. Auch hier unterstützen die Federn das Öffnen im letzten Teil der Bewegung.

Das Messer wird von Spartan Blades LLC, Aberdeen, North Carolina, USA gebaut, wobei die Firma eigentlich für feststehende Messer bekannt ist. Die Gründer Curtis Iovito und Mark Carey haben Spartan Blades nach Beendigung ihrer aktiven Militärlaufbahnen gegründet. Iovito kam jedoch bei der IWA 2012 in Nürnberg mit Besuchern ins Gespräch, die sich ein kleines Messer wünschten, das nicht den vielen gesetzlichen Beschränkungen unterliegt. Es entstand die Idee für ein kleines Messer mit Rutschgelenksicherung, das aber ohne kleine ausgestanzte Teile auskommt und mit modernerem Aussehen und Funktion, als in der klassischen Bauart. Später kam es zu einem Treffen mit Les Halpern, der in seiner Firma mit Titanium arbeitet und dem sie ihre Idee erklärten. Les Halpern war sehr interessiert und entwickelte die Idee weiter bis Herstellung des Modelles „Nymph“. 2014 gewann dann das Messer den Innovationspreis der amerikanischen Klingenmesse.

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Spartan Blades, Nymph Titan Stonewashed

Verdeckte Rutschgelenksicherung (Everflush Spring)

Verdeckte Rutschgelenksicherung (Everflush Spring)

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Im Gegensatz zur herkömmlichen Rutschgelenksicherung, bei der sich die Feder über Griffoberseite hebt und senkt, bleibt die Feder bei der Versenkten Rutschgelenksicherung mit dem Griff bündig.

Die Sicherung wurde von Tom Ferry und Mike Vagnino entwickelt, ausgelöst durch den Wunsch, die Sicherungsfeder zu gravieren. Der Ursprung der Sicherung liegt wahrscheinlich in der Ausbildung von Tom Ferry. Er begann 1996 mit der Herstellung von Messern, die er seit 1999 hauptberuflich baut. Im Jahr 2000 trat er der American Bladesmith Society bei, seitdem arbeitet er als Ausbilder für Messermacher an verschiedenen Schulen und absolvierte eine Ausbildung zum Graveur. Die bisherigen Federn waren gehärtet, was eine Gravur deutlich erschwert. Beim Öffnen eines Springmessers hörte Tom Ferry das Klicken der Öffnungsfeder, die ähnlich wie eine Rückenfeder platziert ist, zumindest wenn eine Stabfeder wie bei der häufig vorkommenden Parierelementverriegelung, verwendet wird.

Nach ein paar Skizzen nahm er mit Mike Vagnino, ebenfalls ein Messermacher, Kontakt auf, was in einer gemeinsamen Entwicklung, der Herstellung verschiedener Modelle und der Festlegung der endgültigen Konstruktion endete.

Ergebnis war eine im vorderen Ende geteilte Feder, die an die Form einer Stimmgabel erinnert. Der obere Teil bewegt sich nicht und bleibt mit dem Griff bündig. Die eigentliche Feder ist der unter Teil, der auf die Klingenwurzel drückt. Durch die Verwendung einer innenliegenden Feder verringert sich der Druck auf den Befestigungspunkt der Sicherungsfeder und erlaubt daher den Einsatz von außergewöhnlichen und weniger stabilen Griffmaterialen. Nachteilig wirkt sich der größere Platzbedarf der Feder aus, der keine Modelle mit 3 oder mehr Klingen zulässt.

Die Sicherung wurde erstmalig auf der 2011er Blade Show vorgestellt. Die Modelle mit den größeren Stückzahlen werden von der von Tom Ferry gegründeten Tango Foxtrot Knives LLC gebaut, die seine sonst handgemachten Messer in Serie herstellt. Die Messer werden nach wie vor Hand zusammen gebaut, aber mit Einzelteilen aus einer qualitativ hochwertigen Serienfertigung.

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Tango Foxtrot Knives, Kizer Vagnino Zipslip

Kerbsicherung (Notch Joint or Forced Notch or Cran Forcé)

Kerbsicherung (Notch Joint or Forced Notch or Cran Forcé)

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Kerbsicherung - Übersichtszeichnung

Die Kerbsicherung ist eine verbesserte Rutschgelenksicherung. Eine Rückenfeder drückt auf die Klingenwurzel und erschwert damit das Öffnen und Schließen. Um die Widerstandskraft beim Schließvorgang zu erhöhen ist das Endstück der Rückenfeder verstärkt und zusätzlich die Klingenwurzel über der Klingenachse eingekerbt. Die Klingenwurzel hat zusätzlich an der hinteren Rundung der Klingenwurzel eine Kerbe, an der die Klinge halb geschlossen stoppt. Der Widerstand ist nicht besonders hoch, bietet jedoch etwas zusätzliche Sicherheit falls ein Finger im Schwenkbereich der Klinge liegt. Bei geschlossener Klinge drückt die Rückenfeder auf die Unterseite der Klingenwurzel und verhindert ein unbeabsichtigtes Öffnen.

Die Klinge des Spyderco UK Penknife (UK Federmesser) verfügt über diese Sicherung. Dem Schließen der Klinge wird bei diesem Messer ein Widerstand von fast 10 kg entgegengesetzt.

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Spyderco, UK Penknife

Seit dem Jahr 2012 verwendet Spyderco eine verbesserte Rückenfeder. Die gespaltene Rückenfeder ist stärker, erschwert nochmal den Schließvorgang und auch geringfügig das Öffnen.

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Vergleich herkömmliche und verbesserte Rückenfeder

Doppelte Rutschgelenksicherung (Double Slipjoint)
Doppelte Rutschgelenksicherung (Double Slipjoint)
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Doppelte Rutschgelenksicherung - Übersichtszeichnung

Der zweigeteilte Griff ist an einer geteilten Klingenwurzel befestigt und wird durch eine 180 Grad Drehung geöffnet. Im geschlossenen Zustand liegt die Klinge in der jeweiligen Nut der Griffhälften. Grundsätzlich arbeitet die Doppelte Rutschgelenksicherung durch die doppelte exzentrische Klingenwurzel genau wie die einfache: Im ersten Teil des Öffnungsvorganges müssen die Griffhälften gegen den Druck der eingebauten Rückenfedern aufgedrückt werden. Im zweiten Teil lässt der Kraftaufwand nach, da nur noch der Reibungswiderstand überwunden werden muss und im letzten Teil der 180 Grad Drehung übt die Feder wieder Druck aus und öffnet die Griffhälften vollständig. Da die Griffhand die beiden Griffschalen festhält, ist die Klinge gegen ungewolltes Schließen auch bei starker Belastung und Erschütterung gesichert.

Butterfly-Messer mit ihren schwenkbaren Griffhälften waren immer etwas Besonderes seit sie Anfang der 1980er Jahre bekannt wurden. Vielleicht lag es an den auffälligen artistischen Bewegungen des Handgelenkes, mit der manche Messerliebhaber das Messer öffneten. Darüber hinaus ist es eine einfache und kostengünstige Konstruktion. Leider wurde es auch häufig im Zusammenhang mit Verbrechen verwendet und dann gesetzlich verboten.

Das erste Modell mit der doppelten Rutschgelenksicherung war das Black Rock Hunter. Die Idee wurde mit dem “Paradox” fortgeführt, das ein traditionelles Balisongmesser bzw. Butterfly-Messer imitiert. Das “Paradox” ähnelt einem Butterfly-Messer, hat aber den wesentlichen Unterschied, dass es nicht mit einer Hand geöffnet werden kann. Es ist weder Springmesser noch ein Fallmesser, hat keine Öffnungshilfe und kann nur zweihändig geöffnet werden. Damit ist es in vielen Staaten legal.

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Cold Steel, Paradox

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