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Rückseitenverriegelungen

Die Rückseitenverriegelung und die Hintere Rückenhebelverriegelung haben eine ähnliche Funktionsweise, werden aber an unterschiedlichen Stellen freigegeben. Bei der Rückseitenverriegelung steht der Rückenhebel aus dem hinteren Teil des Griffes heraus, wogegen bei der Hinteren Rückenhebelverriegelung der Rückenhebel in eine Aussparung auf dem Griffrücken gedrückt wird.

Der Stahlfortsatz am Griffende bietet eine schnellere und sichere Alternative bei der Entriegelung. Bei der herkömmlichen Rückenhebelverriegelung liegt lediglich ein kleiner Teil des Hebels frei und ist mit großen, nassen oder kalten Händen nicht leicht zu drücken. Der hintere Hebelteil ist besser zugänglich und erleichtert damit die Freigabe. Die Rückseitenverriegelung ist mit weniger Kraftraufwand bedienbar, da sie den Rückenhebel verlängert und die Hebelwirkung verstärkt. Zusätzlich wird die Aussparung an der Griffoberseite beseitigt, was die Formgebung für eine optimale Griffhaltung erleichtert.

Rückseitenverriegelung für ein Springmesser von Kaufmann (Tail Lock by Kaufmann)

Rückseitenverriegelung für ein Springmesser von Kaufmann (Tail Lock by Kaufmann)

Von Heinrich Kaufmann & Söhne (H.K. & S.) , Solingen, stammt ein frühes deutsches Patent aus dem Jahr 1906 mit der Nummer 177156. Es beschreibt zwar ein damals übliches Springmesser, befasst sich aber ins besonders mit der Entriegelung, da es sich um einen Genickfänger für jagdliche Zwecke handelt. Derartige Messer dürfen sich keinesfalls in der Hosentasche öffnen, oder falls sie auf harten Untergrund fallen. Kaufmann verwendet eine kleine Platte, die über das Griffende hinaussteht und nach unten gedrückt wird und in Folge einen herkömmlichen Rückenhebel anhebt. Die Platte ist absichtlich relativ klein ausgelegt und hat im Griffinneren auch nur wenig Kontakt zum Ende des Rückenhebels. Für die Entriegelung der Klinge muss man daher einiges an Kraft aufwenden, was eine zusätzliche Sicherung überflüssig macht. Heinrich Kaufmann & Söhne verwendete die Verriegelung mindestens bei einem Modell seiner Jagd-Springer.

Tail Lock by Kaufmann_02g_Patent 177156.

Patentzeichnung

Rückseitenverriegelung von Lake (Tail Lock by Lake)

Rückseitenverriegelung von Lake (Tail Lock by Lake)

Tail Lock by Lake_08_CAS Hanwei_Ron Lake

Nach der Zeit der Springmesser ab 1900 war es Ron Lake, der sich wieder mit der Rückseitenverriegelung befasste. Für seine Ausführung erhielt Ron Lake im Jahr 1974 das U. S. Patent 3,783,509. Das Patent beschreibt außerdem einen Messerrahmen der gleichzeitig den Griff bildet, den sogenannten Rahmengriff, sowie einen Anschlaghöcker am Rückenhebel, der beim Schließen eine Berührung der Klingenschneide mit dem Griff verhindert.

Patentzeichnung

Tail Lock by Lake_02_US Patent 3783509.j

Im Jahr 2010 stellte Hanwei ein Messer mit Rückseitenverriegelung und Rahmengriff vor, das in Zusammenarbeit mit Ron Lake entworfen wurde. Abweichend vom Patent wurde bei der Lizenzfertigung von Hanwei auf eine getrennte Feder verzichtet und der Rückenhebel und die Feder als ein Bauteil hergestellt.

Tail Lock by Lake_beschnitten.jpg

Übersichtszeichnung

Tail Lock by Lake_06_CAS Hanwei_Ron Lake

Hanwei, Ron Lake Stag Folder

Der schwedische Hersteller EKA hat seit 1998 eine ähnliche Rückseitenverriegelung in seinem Lieferprogramm, bei der die Feder und der Rückenhebel aus einem Stück Stahl gefertigt werden. Das Messer wurde als Überlebensmesser und für Fischer entworfen und es wurde daher besonderen Wert auf eine robuste Bauweise und leichte Bedienbarkeit gelegt. Eine Entriegelung ist durch den Hebelfortsatz, der über das Griffende hinaussteht, auch mit Handschuhen machbar und eine Bohrung im Fortsatz ist für die Aufnahme eines Fangriemens gedacht.

Tail-Lock_12_EKA_NordicT8_Web.jpg

EKA, Nordic T8

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Rückseitenverriegelung von Reinschreiber (Tail Lock by Reinschreiber)

Rückseitenverriegelung von Reinschreiber (Tail Lock by Reinschreiber)

Tail Lock_01_Web.jpg

Eine weitere Rückseitenverriegelung wurde von Martin Reinschreiber im Jahr 1981 zum Patent angemeldet (U.S. Patent 4,268,960): Hier ist der Rückenhebel mit der hinteren Griffbacke verbunden, die nach unten gedrückt wird, um die Verriegelung zu lösen. Eigentlich ist Verriegelung getarnt, da von außen die Griffbacke nicht auf Anhieb als Auslöser erkennbar ist. Die hintere Rundung der Klingenwurzel ist flach ausgefräst, was die Klinge in halb geschlossener Stellung stoppt und die sich erst nach einem weiteren Druck vollständig schießt. Eine angenehme Sicherheitseinrichtung für die Finger.

Tail Lock by Reinschreiber_02_US Patent

Patentzeichnung

Die amerikanische Firma KA-BAR hat Messer dieser Art in verschiedenen Klingenlängen mit Griffen aus Holz und Elfenbeinnachbildung von Mitte der 60er bis Anfang der 80er Jahre hergestellt. Wie bei Ron Lake werden die Messer nicht nach dem Patent gebaut und der Rückenhebel und die Feder bestehen aus einem Stück. Die Verriegelung ist damit bis auf die Griffbackenfreigabe nahezu identisch mit den Modellen von Hanwei und EKA.

KA-BAR geht zurück auf die 1897 gegründete Tidioute Cutlery Company, die Schneidwaren aller Art verkaufte. Der Namen KA-BAR wurde in den 1920er Jahren zuerst als Markennamen verwendet. Durch den Erfolg und Bekanntheitsgrad von KA-BAR-Kampfmessern während des 2. Weltkrieges entschieden sich die Eigentümer, den Firmennamen auf KA-BAR zu ändern. Die Firma wurde in den 1960er Jahren von der Gründungsfamilie Brown verkauft, feierte inzwischen das 100jährige Jubiläum und fertigt immer noch klappbare und feststehende Messer.

KA-BAR, KA-Lok, Typ #2227, 3 3/8 Zoll Klinge

Tail Lock by Reinschreiber_03_KA-BAR KA-

Der französische Messermacher Charles Bennica, Moulès et Baucels, Frankreich verwendet eine ähnliche Verriegelung und nennt sie Bennica-Verriegelung. Seine Messer haben fast immer eine hochglanzpolierte Oberfläche mit schlichten Formen und einer hervorragenden aufwendigen Verarbeitung, die Preise liegen leider auch in der absoluten Oberklasse. Die Verriegelung dagegen ist unauffällig und auf den ersten Blick fast nicht zu erkennen. Auf den zweiten Blick sieht man, dass das Abschlussstück des Griffes beweglich ist und nach unten gedrückt werden kann. Man hebt durch diese Bewegung einen Rückenhebel aus einer Kerbe der Klingenwurzel gegen den Druck einer innenliegenden Blattfeder und kann sie schließen. Insgesamt ähnelt die Bauweise sehr der Rückseitenverriegelung von Reinschreiber, ist aber sehr aufwendig gearbeitet und die Blattfeder im Griffinneren sieht wesentlich stabiler aus.

Rückseitenverriegelung von Rankl (Tail Lock by Rankl)

Rückseitenverriegelung von Rankl (Tail Lock by Rankl)

Übersichtszeichnung

Tale Lock by Rankl.jpg

Der gelernte Modellbauer Christian Rankl aus Deutschland hat bei seinem ersten Messerentwurf auf die meisten Teile verzichtet, die normalerweise für ein verriegelndes Klappmesser notwendig sind. Ein Jahr später, im Jahr 1993, war sein Entwurf soweit ausgereift, dass er seine eigene Verriegelung patentieren konnte (Deutsches Patent DE 9103272U1, U.S. Patent 5,210,950).

Der Rückenhebel hat etwa nach einem Drittel seiner Länge drei hintereinander liegende Bohrungen, die mit zwei Schlitzen verbunden sind, zusätzlich ist vor der ersten und nach der dritten Bohrung ein weiterer Schlitz eingearbeitet. Insgesamt ergibt das einen Federschlitz, der sich auseinander drücken lässt. Die mittlere Bohrung nimmt einen Stift auf, mit dem der Rückenhebel drehbar gelagert ist. In der ersten und dritten Bohrung sitzen zwei Anschlagstifte, die mit dem Griff verbunden sind. Drückt man das hintere Ende des Rückenhebels nach unten, wird der Federschlitz durch die Anschlagbolzen gespreizt, das vordere Ende hebt sich und gibt die Klinge frei. Sobald der Druck abnimmt, verengt sich der Federschlitz wieder und der Rückhebel federt in die Verriegelungsstellung zurück. Bei seinem Gentlemenmesser sind äußerlich nur 2 Stifte erkennbar, wahrscheinlich verzichtet Rankl beim Bau seiner Messer auf den 2. Anschlagstift. Möglicherweise verringert das den Widerstand der Schlitzfeder und macht das Messer leichter bedienbar.

Tail Lock by Rank_04_US Patent 5210950.j
Tail Lock by Rank_05_US Patent 5210950.j

Patentzeichung – Federschlitz mit einem Drehstift und 2 Anschlagstiften

Tail Lock by Rankl_07a_Web.jpg

Christian Rankl, Klappmesser mit Rückseitenverriegelung

Hintere Nockenverriegelung (Tail Arrest Lock oder Cam Lock by Fortenberry)

Hintere Nockenverriegelung (Tail Arrest Lock oder Cam Lock by Fortenberry)

Tail Arrest Lock_beschnitten.jpg

Übersichtszeichnung

Die Verriegelung erfolgt mit einem üblichen aus der Rückenhebelverriegelung bekannten Hebel, der entlang des Messerückens verläuft und mit seiner hammerförmigen Nase in eine Aussparung der Klingenwurzel greift und diese damit blockiert. Allerdings wird der Hebel nicht mit einer Feder am hinteren Ende nach oben gedrückt, sondern muss von Hand ver- und entriegelt werden. Um den Rückenhebel in die Aussparung der Klingenwurzel zu drücken schiebt man einen nockenförmigen Kipphebel am Griffende nach oben gegen die Rückenfeder und setzt sie damit unter Spannung. Drückt man den Kipphebel nach unten kann der Rückenhebel frei pendeln und die Klinge geschlossen werden. Um die Klinge im Griff zu festzustellen drückt man den Kipphebel wiederum nach oben.

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Das Messer wird über ein Ladengeschäft in der französischen Hafenstadt Arcachon verkauft und wurde in Zusammenarbeit des französischen Messermachers Robert Beillonnet mit Jacques Boussarie, einem Vorbesitzer des Ladengeschäftes, entwickelt und 2009 zum ersten Mal angeboten. Das Messer wird heute vom jetzigen Inhaber des Ladengeschäftes Christian Moulin in Handarbeit hergestellt.

Tail Arrest Lock_03__Moulin_L'Alios_Web.

Moulin, L’Alios mit Griffschalen aus Bruyére

Zum französischen Bericht ist allerdings anzumerken, dass die Verriegelung viel frühere Wurzeln hat. Der britische Erfinder Joseph Clarkson hat bereits im Jahr 1897 das Patent 5609 erhalten, dessen Zeichnungen fast identische Bauteile zeigen:

Patentzeichnung

Tail Arrest Lock_11b_GB patent 5609 Clar

Ein weiteres amerikanisches Patent aus dem Jahr 1984 mit der Nr. 4,563,813, sieht der Hinteren Nockenverriegelung ebenfalls täuschend ähnlich. Es stammt vom texanischen Messermacher Ken Fortenberry, der anscheinend das Messer nie gebaut hat, sondern sich eher auf feststehende Messer konzentriert.

Tail Arrest Lock_05a_US patent 4563813.j

Patentzeichnung

Gespiegelte Nockenverriegelung (Levigne Lock)

Gespiegelte Nockenverriegelung (Levigne Lock)

Übersichtszeichnung

Levigne Lock_beschnitten.jpg

Bei der gespiegelten Rückhebelverriegelung findet sich wie üblich ein Rückenhebel, der in eine Ausfräsung der Klingenwurzel greift und ein Zuklappen verhindert. Normalerweise wird der Rückhebel durch die am Griffende liegende Feder nach unten in die Ausfräsung gedrückt. Hier ist es genau umgekehrt. Die Feder ist Bestandteil des Rückenhebels und so angeordnet, dass der Rückenhebel am hinteren Ende nach unten zieht. Um den vorderen Teil nach unten zu drücken, muss man einen Kipphebel am Ende des Messergriffes nach unten drehen, damit dieser das hintere Teil des Rückenhebels anhebt, das vordere Ende nach unten dreht und die Klinge verriegelt.

Levigne Lock_04_FR2876940A1_Web.jpg
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Erfunden wurde die Verriegelung vom französischen Luftfahrt-Ingenieur Jacques Levigne. Er hat sich die Verriegelung im Jahr 2004 unter der Nummer FR2876940A1 patentieren lassen. Gebaut wird das Messer von Claude Dozorme, Thiers, der dem Messer auch die für die Stadt typische Form gegeben hat.

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Levigne Lock_02b_FR2876940A1.jpg

Patentzeichnungen

Levigne Lock_05_Dozorme_Verrou_Web.jpg

Dozorme, Verrou, Plumes de geai 8913PG

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